Jedes der drei Themenzimmer ist einer literarischen Vorlage gewidmet. So finden sich in „Am kürzen Ende der Sonnenallee“ viele Details des Alltags im sogenannten Osten der Vorwendezeit, die Brussig in seinem Roman ebenso liebevoll beschreibt, wie sie in ihrer Zeit wahrgenommen wurden. In „221B Baker Street“ kommen Sherlock-Holmes-Fans mit versteckten Hinweisen ganz und gar auf ihre Kosten. Und „Effis Zerben“ offenbart eine glanzvolle Abrechnung mit einem der überinterpretiertesten Romane der Schulzeiten unzähliger Generation: „Effi Briest“. Dabei bietet jedes der Themenzimmer eine Fülle an authentischen und fiktionalen Details, die das bieten, was die Altmark an sich zu bieten hat: Entschleunigung. Das großzügige Foyer präsentiert sich im Gestus „vergangener Zeiten“. Ein Plattenspieler und eine Unmenge alter Langspielscheiben laden zum Verweilen ein. Ebenso eine gediegene Auswahl an Literatur. Ganz im Stil Weimarer Klassik möbliert, soll dieser Ort seine Gäste nicht nur Willkommen heißen, sondern vielmehr dazu einladen, sich auf das Experiment der Entschleunigung von Wirklichkeit einzulassen. Ob Musik, Literatur oder Gesellschaftsspiele eines nicht-digitalen Zeitalters – der Anker will vor allem eines sein. Und ist es. Alles: außer gewöhnlich.

Die Anker-Gastgeber sind eine Großfamilie. Mit drei Erwachsenen und drei Kindern beglückt, gestalten sie das Miteinander des Traditionshauses. Neben den Orten des Übernachtens bietet das sechsköpfige Gespann einen reichen Fundus unterschiedlicher Anker-Erlebnisse. Und so gibt es den Anker: zum Übernachten, für Vereine, für Kunst und Kultur und für nahezu jede Spielform gesellschaftlichen Miteinanders. Nicht selten ist es im öffentlichen Raum so, dass Plätze ungenutzt bleiben, weil sich Fremde nicht zu Fremden gesellen. Die Gastgeber wollen diesem Stigma ein starkes Gegengewicht entgegensetzen und mit ihrem Haus vor allem eines: Dass einander Unbekannte miteinander den Tisch teilen. Dies aber nicht unter dem Zwang eines falsch verstandenen Gemeinschaftsdünkels, sondern aus der natürlichsten aller Beweggründe des Menschen: Der Neugierde. Vielleicht wohnt den Sechs aber auch ein wenig der Zeitgeist Pippi Langstrumpfs inne: wild und frech und wunderbar. Wer sich nach Ruhe sehnt, wird sie im Anker finden. Wem es nach Spiel und Zerstreuung verlangt, wird ein reichhaltiges Angebot (drinnen wie draußen) finden. Und wen es nach neuen Kontakten dürstet, der wird in dem vieretaigen Haus mit seinen beidseitigen Anbauten immer jemanden finden.

Am alten Hauptgebäude findet sich der moderne Anbau: Ein Veranstaltungsort mit Musik, Lesungen, Ausstellungen, Theater, Zirkus und jeder Form von Kunst und Kultur. Hier zeigt sich: Das Ganze ist stets mehr als die Summe seiner Teile. Binnen fünf Minuten sind die mit Balkonen ausgestattet Kirche der Stadt Arneburg, die Burganlage mit ihrer Aussichtsplattform (mit Restaurant) sowie eine Pizzeria (mit hervorragendem doppelkäsigen Angebot) erreichbar. Ein Discounter ist ebenfalls fußläufig erreichbar. Die Elbstraße abwärts grenzen die Elbauen beinahe an den Anker an. Dort findet sich ein Café, ein kleiner Hafen, die Fähre gen Ostelbien sowie ein Wohnwagenparkplatz. Dabei zeugt Arneburg von einer entspannenden Unaufgeregtheit, die den Grundzug der Bescheidenheit offenbart. In Zeiten von Maximalismen bietet der Anker einen ruhenden Pol zur Hybris der Selbstüberschätzung. Denn Abschalten und Entdecken kann man vor allem da, wo sich Zeit lohnt.